Die Jugendstudie 2016 ist da – und zeichnet ein interessantes und aufschlussreiches Bild der Südtiroler Jugendlichen. Gleichzeitig ist sie aber auch als klaren Auftrag an die Politik zu verstehen.
Die Themen der Jugend sind die Themen der Gesellschaft. Diese Gesellschaft befindet sich in einem Wandel, der viele Fragen aufwirft und viele Herausforderungen mit sich bringt. Doch die Studie hat gezeigt, dass die jungen Menschen in unserem Land bereit sind, sich diesen zu stellen und die neuen Möglichkeiten und Chancen zu nutzen und offen und optimistisch in die Zukunft blicken.
Die Jugendstudie wirft ein Scheinwerferlicht auf die Südtiroler Jugendlichen, ihre Werte, Selbstwahrnehmung und Zukunftsplanung. Für die mittlerweile sechste Ausgabe der Jugendstudie hat das Landesinstitut für Statistik ASTAT – in Zusammenarbeit mit den Landesabteilungen Deutsche und Italienische Kultur, dem Landesamt für Ladinische Kultur und dem Statistikamt der Stadtgemeinde Bozen – im Jahr 2016 eine Stichprobenerhebung unter den 81.700 in Südtirol lebenden Personen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren durchgeführt.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
In Südtirol lebten zum Zeitpunkt der Erhebung rund 81.700 (etwa 42.000 männliche und 39.700 weibliche) Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren. Das entspricht einem Anteil von 15,7 jungen Menschen je 100 Einwohner, Tendenz sinkend. Die Jugendquote ist in den städtischen Gemeinden – allen voran in Bozen und Meran – etwas niedriger als in den ländlichen Gemeinden. Der Anteil der ausländischen Jugendlichen liegt bei 8.5 %, das sind etwa 7.000 Personen.
Die Jugendstudie gibt Aufschluss über folgende Aspekte:
Familie: Die Südtiroler Jugendlichen leben am häufigsten in einer klassischen Kernfamilie, die sich im Schnitt aus vier Mitgliedern zusammensetzt. Nur etwa ein Drittel der 25-Jährigen hat das Elternhaus bereits verlassen. Die Beziehung zu den Eltern wird von den meisten Jugendlichen positiv bewertet, insbesondere das Verhältnis zur Mutter.
Der Umgang mit den anderen: Die große Mehrheit der Jugendlichen hat einen mehr oder weniger großen Freundeskreis. Man trifft sich am liebsten zuhause (60,5 %), aber auch in öffentlichen Lokalen (53,6 %) oder im Freien (33,8 %). Beim Ausgehen sind öffentliche Verkehrsmittel die erste Wahl der Jugendlichen. Fast alle Südtiroler Jugendlichen – in erster Linie die deutschsprachigen – verkehren vorzugsweise mit Menschen derselben Sprachgruppe. Jugendliche in den Städten haben allgemein mehr Freunde der anderen Sprachgruppe, als Jugendliche in den Landgemeinden.
Meinungen über die Schule: Etwa 60 % der Ober- und Berufsschüler sind der Meinung, dass die zweisprachige Ausbildung eine Stärke des Südtiroler Schulsystems ist. Den Unterricht eines oder mehrerer Fächer in einer Zweitsprache erachten 46,4 % als sinnvoll, aber nur für 12,1 % der Schüler zählt die Zweitsprache zu den drei interessantesten Fächern.
Kultur und Freizeit: Mit ihrer Freizeit sind 71,9 % der Jugendlichen zufrieden. Im Durschnitt besuchen die 12- bis 25-Jährigen neun Kulturveranstaltungen im Jahr. 82,1 % lesen in ihrer Freizeit mindestens ein Buch im Jahr und 77,2 % lesen mindestens ein Mal in der Woche eine Tageszeitung. 72,1 % der Jugendlichen treibt Sport. 31,2 % sind Mitglied in mindestens einem Verein, der kein Sportverein ist.
Die digitale Welt – Kompetenzen und Nutzung: 73,5 % der Jugendlichen sind täglich im Internet. Den allermeisten, nämlich 90,7 %, ist bewusst, dass die Internetnutzung Risiken mit sich bringen kann. 74,2 % nehmen an sozialen Netzwerken teil und 72,3 % verwenden Online-Enzyklopädien.
Arbeit: Von den 57.900 Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren sind 17.900 Erwerbstätig und 2.400 arbeitslos. Die Zahl der Erwerbspersonen liegt somit bei 20.300 Personen. 37.600 sind nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv, da sie größtenteils noch zur Schule gehen oder studieren.
Verhältnis zu Südtirol: Die Landschaft ist der Aspekt Südtirols, der von den Jugendlichen am häufigsten positiv wahrgenommen wird (83,6 %), gefolgt von der Küche (54,9 %), den Traditionen (47,3 %) und dem wirtschaftlichen Wohlstand (38,6%). Probleme, die am stärksten empfunden werden, sind der Egoismus der Menschen (29, 8 %) und die hohen Lebenshaltungskosten (27,3 %).
Politik: Das größte Interesse unter den Jugendlichen besteht an der internationalen (41,2 %) und der europäischen (39,2 %) Politik, für die Landespolitik interessieren sich 34,7 % der Befragten. Jungen interessieren sich allgemein mehr für die Politik als Mädchen. 42,1 % denken, dass die Einwanderer eine Bereicherung darstellen, während 49,5 % der Meinung sind, dass sie Kriminalität und Terrorismus bringen.
Wertehaltung und Lebensentwürfe: Bei den Fragen zu den Lebensentwürfen belegt die Antwort „Glücklich sein“ mit 90,2 % den ersten Platz. Der Wunsch, eine eigene Familie mit Kindern zu gründen, ist mit 74 % weiterhin weit verbreitet. Einen sicheren Arbeitsplatz wünschen sich 69,3 % der Befragten. Vergleichsweise wenig Zuspruch finden materialistische und leistungsorientierte Lebensprojekte wie „viel Geld haben“ (32,7 %) oder „Erfolg und Macht haben“ (20,4 %).
Religion: Für mehr als ein Drittel, nämlich 35,3 %, spielt die Religion eine äußerst oder ziemlich wichtige Rolle, für 34,8 % ist Religion nicht sehr wichtig, und für 21,2 % hat sie keinerlei Bedeutung. 8,6 % wollten sich dazu nicht äußern.
Selbstwahrnehmung: 88 % der Jugendlichen sind mit ihrem Gesicht sehr oder zumindest genügend zufrieden. Die meisten Jugendlichen fühlen sich mit ihrem Körper wohl. Mädchen sind im Allgemeinen bei ihrer Selbstwahrnehmung kritischer als Jungen.
Risikofaktoren: Jeder vierte männliche Jugendliche ist im Laufe eines Jahres in gewaltsame Auseinandersetzungen verwickelt, vor allem in Diskotheken, Pubs oder auf Partys. 22,3 % der Jugendlichen rauchen Zigaretten, der Alkoholkonsum nimmt jedoch ab. 28,7 % der Jungen und 23,7 % der Mädchen konsumieren Cannabis, in der Altersklasse der 23- bis 25-Jährigen haben etwa 40 % zumindest einmal Cannabis probiert.
Liebe und Sexualität: 38,2 % der Jugendlichen erklären, eine feste Liebesbeziehung zu haben. 37,3 % der Befragten geben an, mindestens einmal Gelegenheitssex gehabt zu haben. Als wichtigste Informationsquelle in Sachen Sexualität gilt das Internet, wobei dieses von jungen Männern (67,5 %) häufiger genutzt wird, als von jungen Frauen (58,9 %).
Die Jugendstudie 2016 ist ab heute auch auf der Homepage des ASTAT zum Downloaden verfügbar: http://astat.provinz.bz.it/